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D23 1
27
Apr 2023

Nachlese - 27. Kleinwalsertaler Dialoge

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Kleinwalsertaler Dialoge heuer zum 1. Mal auf der Kanzelwand

Entsteht Entwicklung durch Brüche? Mit dieser Frage beschäftigte sich am Montag, den 17. April 2023, die Walser Raiffeisen Holding in der bereits 27. Ausgabe ihrer Kleinwalsertaler Dialoge, die heuer erstmals auf der Kanzelwand veranstaltet wurden. Über 150 Gäste ließen sich auf fast 2.000 Metern von den beiden Zukunftsforscherinnen Anja Kirig und Susanne Eckes sowie von Internet-Pionier & Lebensexperten Thomas Fleischanderl inspirieren.

Moderiert wurde wieder in bewährter Weise von Markus Bischof, persönliche Grußworte gab es von Bürgermeister Andi Haid, Vorarlbergs Landesrat Christian Gantner sowie von Holdingvorstand Andreas Gapp.

In seinem Eröffnungsstatement unterstrich er, dass man die Kanzelwand als neue Location gewählt habe, um damit auch neue Sichtweisen anzubieten. Dazu zitierte er den ehemaligen US-Präsidenten John F. Kennedy: „Der Fortschritt ist ein schönes Wort. Aber sein Ursprung ist die Veränderung, und die hat ihre Gegner“. Musikprofi und Kabarettist Markus Linder hat danach den ganzen Tag lang mit großem Können und viel Humor die Inhalte aller Referenten musikalisch für die Besucherinnen und Besucher zusammengefasst.

Lawinen in Zeitlupe – kommen auch zu uns

Anja Kirig, eine ausgewiesene Trendexpertin, beleuchtet aktuelle Trends und Phänomene. Für sie ist Zukunft Gegenwart. Jetzt und hier das Morgen gestalten, das könne nur, wer die Veränderungen kenne. Unsere Gesellschaft werde von jedem einzelnen Megatrend verändert. Zumeist langsam, aber nicht aufzuhalten, wie eine „Lawine in Zeitlupe“. In unseren alpinen Regionen könne dies aber ein wichtiger Schub für Veränderungen sein. Denn immer mehr löst sich nämlich die Aufteilung in Stadt und Land auf, weil der ursprüngliche Arbeitsort an Bedeutung verliert, nicht zuletzt durch Homeoffice usw. Das seien zugleich aber auch Chancen für „progressive Regionen“.

Neue Arbeitswelten und damit verbundene Wünsche und Erwartungen von Mitarbeitenden, zum Beispiel Arbeitszeit-Flexibilität und Work-Life-Balance, sind für Branchen wie den Tourismus eine immer größer werdende Challenge. Warum? Was bisher in erster Linie zählte, das waren die Gästewünsche und ihre Ansprüche. Aber diese steigen weiter, auch weil das Ökologie-Bewusstsein in unserer Gesellschaft immer stärker wird …

Angesichts des Klimawandel braucht es auch echtes Nachdenken über Alternativen zu unserem bisherigen Wintertourismus. Nicht zuletzt um einfach weiter hier existieren zu können. Wissenschaftler aus der Schweiz gehen für den Alpenraum bis zum Jahr 2050 von einem Temperaturanstieg um bis zu 4,5 Grad aus. Nachhaltigkeit wird also für alle zum Überlebensprinzip. „Die Tourismusbranche trägt Verantwortung“, so Anja Kirig: „Nicht nur sie allein, sondern auch alle Gäste, etwa bezüglich ihrer Wahl der Anreise in den Urlaub“.

Anstellen – 50 Jahre lang

Relativ optimistisch sieht Susanne Eckes die große Transformation, in der wir uns jetzt befinden. Frau Eckes erforscht Trends sowie die Zukunft und wies darauf hin, dass Epochen und Übergänge unsere Geschichte gezeichnet haben. Sie öffnete damit den Blick der Dialoge-Teilnehmenden auf wesentliche Veränderungen, wie zum Beispiel gerade die vom industriellen ins digitale Zeitalter. Mit ihrem Fokus auf nachhaltige Transformation war ihre Kernbotschaft klar: „Wenn sich die Werkzeuge der Menschen ändern, dann ändert sich auch ihr Denken und somit ihr Leben“.

Als ein konkretes von mehreren Beispielen brachte sie die Einführung der Gurte-Plicht im Auto, wo man sich fast 50 Jahre lang „angestellt“ habe. Bei der Einführung des Rauchverbotes im öffentlichen Raum war es ähnlich. Das Risiko für die Gesundheit war schon längst bekannt, aber man „stellte“ sich weiter an … Aber irgendwann werden solche Probleme – nach Phasen von Ignoranz – erkannt und am Ende auch akzeptiert. Leider dauert dann das entsprechende Handeln der Politik auch noch weitere Jahre. Man wundert sich heute in Rückblicken in TV und online, warum in Flugzeugen geraucht worden ist und auch über die Angst, im Auto wegen des angeschnallten Sicherheitsgurtes zu ertrinken, wenn man in einen Bach fährt.

Ein Recht auf Klimaschutzprotest

Ähnlich lange habe es schließlich auch gedauert, bis die Politik endlich erste Schritte gegen den Klimawandel unternommen hat, erklärte Susanne Eckes. Und das, obwohl man die zu erwartenden Folgen spätestens seit den 1970er Jahren kannte. „Es gab eigentlich kein wirkliches Umweltbewusstsein“.

Ganz genau das – und dazu ein deutlich schnelleres Handeln der Politik forderten dann im Rahmen der Dialogrunde mit Anja Kirig, Susanne Eckes und Kerstin Biedermann-Smith zwei junge Menschen aus dem Kleinwalsertal: „Es geht um unsere eigene Zukunft, man muss daher etwas tun“, meinte Emma Müller. Und ein radikales Protestieren ist auch für Marius Schuster gerechtfertigt: „Denn mit den Folgen dann müssen wir leben“.

Astronaut auf der Kanzelwand

Im Raumanzug und mit einer Grußbotschaft von Österreichs erstem Astronauten kam dann als letzter Referent Thomas Fleischanderl auf die Bühne. Auf der Kanzelwand hat er die Besucherinnen und Besucher in eine große Reise durch sein Leben, von Online-Pionierzeiten bis zu Pilgerschaft und Weltrekorden, geführt. Gleichzeitig hat er auch versucht, jeden Einzelnen aus der Komfortzone zu locken und seine eigene leidenschaftliche Sicht der Dinge zu vermitteln. Höhepunkt war dann seine Einladung an alle Teilnehmenden ins „Tun“, um mit der von ihm entwickelten „Bucket Liste“ eigene schöne Erlebnisse zu bewahren bzw. zu sammeln und damit einen persönlichen eigenen Museumstag zu schaffen.

Volles Haus

Als Gastgeber freuten sich Andreas Gapp und Julian Müller zusammen mit ihren Teams der Walser Raiffeisen Holding und der Oberstdorf Kleinwalsertal Bergbahnen über den zahlreichen Besuch aus ganz Vorarlberg, dem Allgäu, Tirol, Oberösterreich und Wien. Dabei waren unter anderem Landesrat Christian Gantner für das Land Vorarlberg, die Bürgermeister Andi Haid (Mittelberg), Karina Konrad (Jungholz) und Klaus King (Oberstdorf), Pfarrer Edwin Matt, Wirtschaftskammerpräsident Wilfried Hopfner, die Tourismus-Profis Sandra Brutscher und Elmar Müller (Kleinwalsertal), Kerstin Biedermann-Smith (WKV), Manuel Bitschnau (Montafon), Wolfgang Moosbrugger (Tannheim), Christiane Jentsch und Alexander Klasen (RVA), Ralf Schmid (Allgäu Airport) sowie Thomas Wiesenegger.

Auch die Banker Jürgen H. Kessler (Alpen Privatbank), Manfred Miglar und Thomas Nussbaumer (RLB) sowie Raimund Wachter (Vorarlberg Milch) und Christoph Thoma (Wirtschaftsbund) ließen diese 27. Dialoge nicht entgehen. Wie jedes Jahr stark vertreten waren auch die engagierten Kleinwalsertaler Gastgeber, nebst anderen mit Suzanne Hugger (Rosenhof) sowie Magdalena und Klaus Kessler (Chesa Valisa). Ebenfalls zu Gast auf der Kanzelwand war Studienrätin Elisabeth Gsell-Dentsoras vom Gymnasium Oberstdorf, gemeinsam mit ihren Schülerinnen und Schülern, darunter die beiden Dialogrunde-Teilnehmer Emma Müller und Marius Schuster aus dem Tal.

5888. Dialoge-Gast

Zum Ende des Tages auf der Kanzelwand bedankte sich Holdingvorstand Julian Müller persönlich bei den Gästen. Er brachte dabei auch einen Ausblick auf die 28. Kleinwalsertaler Dialoge in einem Jahr, wo der bereits 5888. (!) Dialoge-Gast erwartet wird …

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